Von Michael Springer
Der Fachbereich Kunst, Kultur, Museen des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg lädt zur „Wahl des Kulturbeirats“ am 1. Februar 2023 ein. Ein Termin, wenige Tage vor der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Wahlkreisen der Bezirke.
Gute demokratische Praxis ist das nicht! — Denn der Kulturbeirat wird bis weit in eine neue Legislaturperiode hinein gewählt.
Das „Kulturforum“ soll als demokratisches Instrument die Basisnähe der bezirklichen Kulturförderung repräsentieren. Damit wird aber auch der künftige Kulturstadtrat und der künftige Kulturausschuß der neue Bezirksverordnetenversammlung durch eine „neue basisdemokratische Verkehrssitte“ vorfestgelegt, die weder explizit in der Geschäftsordnung, noch in einer künftigen Zählgemeinschaftsvereinbarung noch in der Berliner Landesverfassung geregelt ist.
Eingeladene interessierte Öffentlichkeiten – abseits allgemeiner Stadtöffentlichkeit
Eine weitere „Verkehrssitte“ muss beanstandet werden: es gibt nur Einladungen, keine Namen, keine Kandidatenaufstellungen und Vorstellungen – und keine kulturpolitische Programmatik! — Damit wird einer intransparenten „Räte-Demokratie“ Vorschub geleistet! — Vor allem können sich so ohne parlamentarische Konrolle gutinformierte und gut vernetzte, informelle Lobbies Zugang zu öffentlicher Förderung verschaffen.
Problematischer Sprachgebrauch bei der Ansprache von Künstlern und Kreativen
Der Sprachgebrauch „Kunst- und Kulturschaffende“ ist diskriminierend, herabwürdigend und historisch belastet. Vor allem ist der Sprachgebrauch nicht mit einer interkulturellen und weltoffenen „Creative City“ vereinbar.
Hier kommt die alte „obrigkeitsstaatliche Haltung und Sprache gegenüber Künstlern und Kreativen zum Vorschein, die vor allem als Verlängerung alter DDR-Kulturpolitik“ in unsere moderne Zeit fortwirken soll!
In dem Beitrag „Kulturschaffende“ — das fatale Erbe eines NS-Begriffs“ wurde die Kritik auch ausgeführt – jedoch vom Berliner Kultursenator Lederer weiter ignoriert.
Berlins Verlust an Strahlkraft in der Kultur ist auch auf fehlende Internationalität und Weltoffenheit in der Kulturförderung zurück zu führen! — Warum wird zu wenig öffentlich ausgeschrieben? — Warum gibt es nicht mehr gemeinsame Ausschreibungen mit Kunst- und Kulturstiftungen, die Drittmittel einbringen können? — Warum wird kreisen Kunst- und Kulturämter vorwiegend um sich selbst — statt die mögliche Förderung von Kunst-, Kultur und Kreativwirtschaft auch als Entwicklung des Kulturbezirks zu nutzen?
Wann hat es dazu kostenlose Ausschreibungen um Amtsblatt der Europäische Union gegeben?
Neuausrichtung der Kulturförderung tut Not!
Tempelhof-Schöeneberg benötigt zuerst ein „Kreativ- und Kulturwirtschaftsbeirat“, der schon bei der Vorlage von Baugenehmigungen auf dem „Deckblatt“ neue Kulturräume abfragt, die Investorenj „freiwillig und als wertverbessernde“ Vorschläge einbringen:
- preisgünstige Kulturräume und Probenräume
- günstige Atelier- und Musikerwohnungen (Schallschutz)
- Ladenlokale mit heruntersubventionierten Galerieräumen und Wänden
- kreative und künstlerische Zwischennutzungen.
Der neue Kulturbeirat sollte künftig auch kuratorisch an einer „Kulturentwicklungsplanung“ im Bezirk mitwirken. Visit Berlin und Partner für Berlin haben sich hier aus rein tourismuswirtschaftlichen Motiven heineingedrängt! — Eine bisherige Praxis der Kulturförderung mit Einzelprojekten darf nicht ungeprüft weiter geführt werden, weil in den Stadtquartieren der „Kulturaufbau von Unten“ und elementare Bildungsarbeit vernachlässigt wird.
Zudem: was nutzt eine Kulturförderung, für die weder Öffentlichkeitsarbeit noch diskursive Medienöffentlichkeiten, weder Kulturjournalismus noch Nachberichterstattung gefördert werden?
Einfach.SmartCity.Machen: Berlin! — Aus Kunst, Kultur und Sport werden „Arts, Culture, Media & Sports!“ Internationalisierung, Streaming, weltweite Dienste und interkulturelle Synergien werden gefördert. Autor-Rechte, Copyrights und DRM werden künftig gestärkt — um EU-weite Geschäftsmodelle und kreative Erwerbsformen zu fördern. Mehrsprachigkeit und tri-lingualer Journalismus werden alltäglich!
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