Von Michael Springer
Im Bezirk Tempelhof gibt es einige wenige Naturdenkmale, deren weitere Existenz durch den Klimawandel und die mittlerweile vierjährige Dürreperiode bedroht sind. Darunter sind vier Eichen, zwei Eiben und eine Rotbuche.
Wer sich für Naturschutz und Stadtbäume einsetzt, wird über kurz oder lang mit existenziellen Fragen konfrontiert:
„Sollen Naturdenkmale im Klimawandel sich selbst überlassen werden? — Oder sollen die alten Stadtbäume durch zusätzliche Bewässerung am Leben erhalten werden? — „Sind bewässerte Naturdenkmäler noch „natürlich“, oder werden sie mit der Bewässerung zu „Kulturpflanzen?“
Eines der ältesten Naturdenkmale ist nahe der Dorfkirche in Alt-Lichtenrade zu finden: eine riesengroße Europäische Eibe (Taxus baccata). Die Eibe wurde hier um 1864 gepflanzt, so steht es auf eine kleinen Infotafel.
Die Europäische Eibe ist selbst eine uralte Baumart die schon seit dem Tertiär vor über 2,6 Millionen Jahren existiert, und in der Botanik auch als „Tertiärrelikt“ eingestuft wird. — Ein Grund für ihr sehr langes Überleben: sie ist die schattenverträglichste Baumart Europas, die auch bei nur etwa 300 Lux, also einem Zehntel des Tageslichts austreiben kann. 500 Lux sind die Mindestanforderungen an eine Büro-Beleuchtung.
Das außergewöhnlich harte und zähe Holz der Eibe wurde seit jeher vom Menschen genutzt, um Werkzeug und Lanzenspitzen herzustellen, und ist deshalb in natürlichen Wäldern immer seltener geworden.
Wie behauptet sich die Eibe gegenüber Wassermangel und langanhaltende Dürren?
Europäische Eiben haben ein sehr weitläufiges, tiefreichendes und dichtes Wurzelsystem. Die Entwicklung dieses Wurzelsystems hat beim Heranwachsen des Baumes Priorität — noch vor dem Dicken- und Höhenwachstum. Europäische Eiben dringen dabei auch in stark verdichtete Böden vor.
Das im Vergleich mit anderen Baumarten stark entwickelte Wurzelsystem der Europäischen Eiben sichert ihnen auch die hohe Regenerationsfähigkeit des Baumes. Selbst nach einem kompletten Stammverlust wachsen wieder neue Wurzelschösslinge nach. Das starke und flexible Wurzelsystem der Eiben macht sie unempfindlich gegen Wechselfeuchte, gegen zeitweilige Vernässung und gegen Luftarmut im Boden. Eiben weisen eine hohe Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Standorte und Lebensbedingungen auf.
Die Nadeln der Eibe weisen weder verdickte Zellwände ( sog. Sklerenchymzellen) noch schützende Wachstropfen in den Spaltöffnungen auf, und sind doch ausgesprochen dürreresistent.
Die Eibe hält ähnlich hohe relative Wasserverluste aus, wie die Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris) und bildet hohe absolute Wasserreserven. In Relation zum Trockengewicht können Eiben Wasserverluste bis zu 45 % ihres Gewichtes überstehen. Eine weitere Fähigkeit, die die Eibe vor dem Austrocknen schützt, ist das schnelle Schließen der Blattöffnungen ( Stomata ). So reagiert die Eibe auf ein Wassersättigungsdefizit viermal schneller mit einem Stomataverschluss als etwa die Tanne (Abies).
Die Eibe an der Dorfkirche in Alt-Lichtenrade wird im Klimawandel noch sehr lange überleben. Sie erleidet sicher keinen Wassermangel, denn solange der nahe Dorfteich Wasser führt, kommen die Wurzeln an eine kaum versiegbare Wasserquelle.
Nächster Teil:
Kaisereiche — wässern, oder in der Hitze verdorren lassen?
„Ist die Kaisereiche ein „Kulturbaum?“ — Sorgt Klimawandel für eine „Dekolonisierung“ der Rheinstraße?“