Freitag, 19. April 2024
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Bürgermeister gesprächsbereit — Galeria-Geschäftsleitung mauert

Karstadt am Tempelhofer Damm

Von Michael Springer

Die Pressemeldung des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg vom 26.09.2022 liest sich wie ein Routinevorgang — doch hinter den Kulissen gärt es:

„Im Rahmen der Neugestaltung und Umbaumaßnahmen am Tempelhofer Damm hat sich Tempelhof-Schönebergs Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann am 19. September 2022 mit dem Betriebsrat der Galeria-Filiale (ehemals Karstadt) am Tempelhofer Damm getroffen.

Zusammen mit dem Einzelhandelsbeauftragten des Bezirks wurden hierbei die aktuelle Entwicklung im stationären Einzelhandel sowie das Engagement der Unternehmer Initiative Tempelhofer Damm e.V. besprochen, die über den städtebaulichen Wettbewerb „Mittendrin Berlin“ bereits erste Fördergelder zur Steigerung der Aufenthaltsqualität entlang der Bundestraße akquirieren konnte. Die zentralen Themen des Termins waren in der Folge die beidseitigen Planungen für die Weihnachtszeit, die allgemeine Situation der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH sowie die spezifische Situation der Filiale am T-Damm. Das Bezirksamt setzt sich dabei intensiv für einen Verbleib von Galeria am Tempelhofer Damm ein.“

Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann setzt sich schon wie Amtsvorgängerin Angelika Schöttler für den Erhalt des Kaufhausstandortes ein:

„Für Tempelhof ist der Galeria-Standort der wichtigste Anker des Einzelhandels. Das Land Berlin und der Bezirk werden mit der „Neuen Mitte Tempelhof“ und den Umbaumaßnahmen am T-Damm wichtige Impulse für die Attraktivitätssteigerung und Lebensqualität auf den Weg bringen. Es ist befremdlich, dass die Geschäftsleitung von Galeria hierüber kein Gespräch führen wollte. Ich hoffe sehr, dass der vom SIGNA-Konzern unterzeichnete „Letter of Intent“ (LOI) vom 3. August 2020 zum Erhalt von Warenhausstandorten mit Leben gefüllt wird.”

Die Geschäftsleitung der Filiale stand für Gespräche leider nicht zur Verfügung. Ob man seitens der Geschäftsleitung über den Umbau des Tempelhofer Damms glücklich sein kann, ist offen.

Galeria am Tempelhofer Damm steht weiter auf der Kippe

Mit dem Zusammenschluß von Karstadt und Kaufhof begann ein in der Unternehmensgeschichte wohl beispielloser Umbruch- und Innovationsprozess zweier Warenhauskonzerne, die sich inzwischen unter der gemeinsamen Marke „Galeria“ vereinen. Die Digitalisierung im Einzelhandel, demografische Effekte und die Corona-Krise haben praktisch eine Dauerkrise des Warenhauses in Gang gehalten.

131 Häuser hat das Unternehmen, von denen rund 60 komplett umgebaut werden sollen, der Rest wird zumindest teilweise modernisiert. Es ist eine riesige Herausforderung, die Jahre in Anspruch nehmen wird.
Unter dem Titel „Galeria 2.0“ will das Unternehmen künftig drei ganz verschiedene Warenhauskonzepte anbieten:

  • Filiale in Metropolen,
  • regionaler Magnet
  • und lokales Forum.

Drei Showcase-Filialen in Frankfurt, Kassel und Kleve wurden 2021 eröffnet und werden seitdem auch getestet. Als viertes Konzept ist noch das Warenhaus in einem Center geplant.

Online-Shops von Karstadt und Galeria Kaufhof wurden unter der neuen Marke galeria.de fusioniert und zusammengefasst. Sie bieten heute modernen Omnichannel-eCommerce mit Marktplatz für Händler und alle üblichen Service- und Bonus-Funktionen — bedienbar mit Smartphone-Apps.

Technologisch neu ist das „Digital Signage“ (Beschilderungs-) Konzept mit großen Bildschirmen, das eine markenbezogene und markenintegrierende „Digital Store Experience“ erschaffen soll.
Der Trend geht zu klassischen Digital Signage Lösungen mit Farbdesign, LCD- oder LED-Videowalls, Indoor- oder Outdoor-Stelen, Kundenstrommanagement-Lösungen, digitalen Menüboards.

Wer sich heute Kassensysteme anschaut, sieht auch, wie die passenden Tools für kundenzentriertes Bezahlen und Kommunikation an jedem Point-of-Sale integriert werden.

Digitale Konzepte, Multi-Brand Design und Kunstwerke der inhaltlichen Visualisierung werden gestaltet, um Kauferlebnisse rund um die „Customer Journeys“ im Kaufhaus Galeria 2.0 zu inszenieren.

Ein teurer Umbau zum Galeria-Metropolenkonzept oder zum regionalen Magnet ist im Galeria am Tempelhofer Damm kaum möglich. — Es fehlen wichtige Voraussetzungen für ein Umsatzwachstum.

Galeria macht sich selbst Konkurrenz in Berlin

Berlinweit erwächst für den Galeria Standort „Te-Damm“ große hauseigene neue Konkurrenz:

  • im Oktober eröffnet das neue Galeria-Kaufhaus in der Gorkistraße.
  • am Kurfürstendamm startet das städtebauliche Werkstattverfahren für einen Neubau.
  • am Hermannplatz in Friedrichshain-Kreuzberg wird ein Metropolenhaus entwickelt.
  • die drei Galeria-Standorte Gorkistraße, Leopoldplaz und Te-Damm stehen im Wettbewerb.
  • Das Galeria-Kaufhaus in der Schloßstraße in Steglitz kann ein regionaler Magnet werden.

Die Einkaufs- und Geschäftsstraße Tempelhofer Damm ist seit 2017 nicht ausreichend als „magnetische Einkaufsmeile“ profiliert worden. Der sehr hohe Filialisierungsgrad und der demografischen Wandel haben eine wirksame übergreifende Geschäftsstraßen-Werbung verhindert.

Parallel hat sich die Handels- und Gewerbelandschaft internationalisiert und zum Teil „ethnisiert“. Geschäftsinhaber aus Asien, Bangladesh, Indien, Italien, Libanon, Syrien, Türkei und EU-Staaten u.v.m. bilden eigene Communities und sprechen eigene, kleinere Kundenzielgruppen an.
Skalierungseffekte, Markt-Synergien und Wachstumseffekte werden gebremst und sogar verhindert.

Diversität und Vielfalt verteuern alle Startchancen und bremsen alle inahbergeführten Neugründungen aus, weil es keine übergreifende, mehrsprachige und integrierende Marktkommunikation gibt.

Bezirksamt und Wirtschaftsförderung fördern Instagram und Facebook und gründen immer kleinere, zeitraubende Gesprächskreise, statt Synergien und Marktkommunikation aller Akteure zu unterstützen.

Auch das Karstadt-/Galeria-Kaufhaus am Tempelhofer Damm gewinnt so kaum Kunden hinzu. Die für das Marketing bei Galeria (u.a.) eingesetzte „Snowflake Data Cloud“ kann für das Haus am „Te-Damm“ keine hinreichenden oder zuwachsenden digitalen Daten- und Transaktionsdaten liefern, die einen Ausbau zum „Metropolen-Kaufhaus“ rechtfertigen.

Das wichtigste Warnzeichen wird auch schon seit Jahren übersehen: das Kaufhaus am „Te-Damm“ nimmt nicht an verkaufsoffenen Sonntagen teil, und verfehlt so eine wichtige Ankerfunktion, die auch den gesamten Handel und Wandel am Tempelhofer Damm insgesamt in Mitleidenschaft zieht.

Ob Galeria am „Te-Damm“ überhaupt konzerninterne, bestandserhaltende Umsatzziele als „Nahversorger“ erreichen kann, ist mehr als fraglich. Eine Internationalisierung und Marktplatzfunktion bietet längst neue Chancen.

Wer im Galeria-Konzern-Marketing auf „Datenschnee-Flocken“ setzt, und „Streusand-Effekte“ öffentlicher Kommunikation und inspirierender Stadtgespräche übersieht, könnte ins „Rutschen“ kommen.

Lesen Sie demnächst:
Standortentwicklungen und neue Chancen am Tempelhofer Damm


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