Am 1. April 2024 hat das Amtsgericht Essen das Insolvenzverfahren über Galeria Karstadt Kaufhof eröffnet. Es ist das dritte Insolvenzverfahren in einer langen Geschichte des Niedergangs zweier einst großer deutscher Kaufhauskonzerne, die miteinander fusioniert wurden.
Der Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus hat einen Insolvenzplan aufgebaut, der das Unternehmen und möglichst viele Kaufhausstandorte weitgehend erhalten soll.
Doch erneute Einschnitte werden notwendig: Galeria Karstadt Kaufhof will 16 seiner 92 Filialen schließen. Nicht nur für betroffenen Innenstädte und urbanen Einkaufszentren wird die Schließung der Warenhäuser tiefe Einschnitte verursachen.
Von den rund 12.800 Menschen, die das Unternehmen heute noch beschäftigt, sollen 11.400 demnach ihren Job behalten. 1400 würden gehen müssen, verlautet es aus der Konzernzentrale. Auch in der Konzernzentrale in Essen soll die Hälfte der 900 Arbeitsplätze abgebaut werden.
Zu den bisherigen Schließungen kommen nun die Standorte in Lichtenberg, Spandau und in Tempelhof-Schöneberg hinzu:
- Galeria Berlin Ringcenter (Frankfurter Allee 115-117)
- Galeria Berlin Spandau (Carl-Schurz-Straße 20)
- Galeria Berlin Tempelhof (Tempelhofer Damm 191).
Online-Shop von Galeria wird weiter geführt
Der Online-Shop von Galeria wird weitergeführt. Trotz Insolvenzverfahren wurde der E-Commerce weiter ausgebaut. Galeria ist damit auch im Internet sehr modern und ansprechend aufgestellt. Das Unternehmen beruhigt daher seine Kunden mit Informationen zur aktuellen Situation bei GALERIA:
„Unser Unternehmen wird weiter fortgeführt. Der Verkauf geht in vollem Umfang weiter. Sie können in unseren Filialen und in unserem Online-Shop wie gewohnt einkaufen, Ware zurücksenden / umtauschen und auch Gutscheine einlösen!
Für Sie als Kundinnen und Kunden bleiben alle Abläufe so, wie Sie sie kennen und schätzen. Wir haben mit dem Insolvenzverwalter abgestimmt, dass Sie Ihre Rechte als Käuferin und Käufer auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin in vollem Umfang ausüben können. Unten finden Sie Antworten auf die meistgestellten Fragen.“
Hintergrund: Verhandlung neuer Mietkonditionen
Die neuen Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof haben insgesamt 16 Standorte auf die Schließungsliste gesetzt. Neben den drei Berliner Standorten zählen etwa Augsburg, Chemnitz, Essen, Köln, Leonberg, Mainz, Mannheim, Oldenburg, Potsdam, Regensburg, Trier, Wesel und Würzburg dazu.
Für diese Standorte konnten offenbar keine tragfähigen Mietkonditionen ausgehandelt werden.
Galeria-CEO Olivier Van den Bossche will die verbleibenden Kaufhäuser erhalten: „Wir werden alles tun, um unser Geschäft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Dazu sehen wir nicht zuletzt durch unsere Umsatzentwicklung im laufenden Geschäftsjahr gute Voraussetzungen.“
Nächstes wichtiges Datum ist der 28. Mai 2024! — Dann entscheidet sich, ob die Gläubigerversammlung den Insolvenzplan von Insolvenzverwalter Denkhaus annimmt und ob dieser anschließend vom Gericht erneut bestätigt wird.
Dann kann ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und der Beteiligungsfirma BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz die Kaufhauskette übernehmen.
Erst dann wird sich auch zeigen, mit welchem Konzept der Handelskonzern wieder nach vorn gebracht werden soll und in welchem Umfang die neuen Eigentümer in das Geschäft investieren. Die mögliche Kooperation mit IKEA wurde schon vorher bekannt. Weitere Überraschungen sind möglich!
Kaufhäuser ohne Zukunft? — Zukunft der Kaufhäuser!
Für die Altstadt Spandau, Lichtenberg und Tempelhof ist die geplante Galeria Schließung Ende August 2024 ein herber Schlag. Bundesweit streiten Handelsexperten darüber, ob Kaufhäuser eine Zukunft haben. In Bayern ist man offenbar in notwendigen Lernprozessen schon weiter. Bernd Ohlmann, Pressesprecher des Handelsverbands Bayern, glaubt an die Zukunft der Kaufhäuser und hält an ihnen fest: „Kaufhäuser bringen Frequenz in die Innenstädte, viele Menschen kommen genau deswegen in die Orts- und Innenstädte, um eben dort einzukaufen, davon profitiert die Gastronomie, davon profitieren die Einzelhändler drumherum, und deswegen sind sie ein ganz wichtiger Baustein, allen Unkenrufen zum Trotz, für die Innenstädte.“
Johannes Berentzen von der Handelsberatung BBE stellt das gesamte Konzept von Galeria Karstadt Kaufhof infrage: „Der Online-Handel trägt sicherlich zu der jetzigen Entwicklung bei.“ — Wenn es darum gehe, sehr viel Ware von unterschiedlichen Warengruppen bequem einzukaufen für einen günstigen Preis, „… dann denken die allermeisten Leute hoffentlich noch an Galeria, aber leider viel häufiger an Amazon und Co. und nicht mehr an Karstadt Kaufhof. Ich muss Gründe finden, weshalb ich mich aufmache, vom Sofa aufstehe und in die Stadt fahre.“ Aber es müsse mehr getan werden, als aufzusperren und Ware anzubieten!
In Berlin wird die Frage nach der Zukunft der Kaufhäuser an vielen Standorten gestellt. Neue Antworten und Konzepte sind dabei gefragt! — Die Pleite der Online-Lieferdienste Gorillas und Getir wirft auch ganz neue Fragen auf, ob kredit- und marketinggetriebene Internetgeschäfte, Urbanität und lokale Kaufkraft und Wertschöpfung ganz neue Synergien benötigen!
Am Tempelhofer Damm spielen auch kulturelle Faktoren hinein! Das Potential zum Shoppen und Flanieren wurde in den letzten 10 Jahren verspielt. Ein völlig neues Standortprofil muss erarbeitet werden!
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