Der neue Mobilfunkstandard 5G ist vereinzelt in Deutschland bereits verfügbar, und soll den Mobilfunkstandard LTE (4G) künftig ablösen. Die Vision: 5G soll mobiles Internet, das Internet der Dinge, Cloud Computing, Car-to-Car-Kommunikation, Rundfunk und Industrieautomation revolutionieren und mit nur einem Standard alle digitalen Anwendungsfälle abdecken.
Doch mittlerweile sind Zweifel in allen Anwendungsbereichen erlaubt. Ein aktueller Beitrag von golem.de wirft viele Fragen auf:
Internetversorgung zu Hause
5G kann auf der letzten Meile Glasfaseranschlüsse nicht ersetzen. Die Skalierbarkeit des Funkspektrums ist begrenzt. Bei lokaler Übernutzung behindern sich die Anwendungen gegenseitig. Allenfalls durch Verkleinerung der Funkzellen und zahlenmässige Ausweitug der Funkantennen lässt sich die Kapazität drahtloser Datenübertragung steigern. Das aber sorgt für immensen Strombedarf und steigende Anschluss- und Betriebskosten.
Rundfunk
Die mit 5G verknüpften Hoffnungen sind bisher so groß, dass der eingeführte digitale Rundfunkstandard DAB+ eingestellt werden soll. Doch ob 5G für digitalen Rundfunk geeignet ist, ist fraglich. 5G-Basisstationen sind sehr stromhungrig. Bei einem Blackout fällt das 5G-Netz schon nach wenigen Stunden aus. Die Bevölkerung kann im Fall des Blackout nicht öffentlich informiert werden.
Car-to-Car-Kommunikation und vernetztes Fahren
Die Bundesregierung die EU-Pläne für den einheitlichen Einsatz des WLAN-Standards 802.11p zugunsten von 5G torpediert, obwohl die 5G-Technik für Ad-hoc-Kommunikation zwischen Endgeräten kaum geeignet ist. Denn der Mobilfunk wurde aufgrund seines Geschäftsmodells nicht für die unabhängige Kommunikation zwischen Endgeräten ohne Basisstationen entwickelt. Die Frage stellt sich nun mit Macht, denn das autonome Fahren setzt von eine flächendeckenden Versorgung mit schnellen 5G-Mobilfunk-Stationen voraus, deren Ausbau noch Jahre benötigt. Zudem sind die Latenzzeiten bislang zwölfmal höher als erhofft, und liegen bei 8-12 Millisekunden, statt erwarteter 1ms.
Internet der Dinge – Cloud Computing – Industrieautomation
Was die Reichweite und Störanfälligkeit angeht, kann Wi-Fi durchaus mit 5G auf extrem kurzen Wellenlängen mithalten. Regen, Schnee und Nebel dämpfen oberhalb von 10 GHz sowohl Wi-Fi als auch 5G. Darüberhinaus gibt es weitere physikalische Begrenzungen, die einen flächendeckenden Ausbau mit 5G erschweren. Funklöcher wird es daher auch bei 5G geben.
Damit ist absehbar: im digitalen Alltag müssen LTE-Funkstandards und die neuen kleinen, teuren 5G-Funkzellen mit der aktuell sechsten WLAN-Generation IEEE 802.11ax aka Wi-Fi 6 ökonomisch konkurrieren.
Das bedeutet in der Folge, dass 5G-Anwendungen für Internet der Dinge – Cloud Computing – Industrieautomation künftig nur in räumlich begrenzen Bereichen, wie etwas Industrie- und Gewerbeparks sinnvoll umsetzen lassen.
Flächendeckende SmartCity-Lösungen mit 5G?
Für flächendeckende SmartCity-Lösungen wird 5G auf mittlere Sicht keine gro0e Rolle spielen können, weil der Netzausbau zeitlich nachhängt. Zum flächendeckenden Ausbau mit Glasfaser ist 5G daher noch keine sinnvolle Alternative. In naher Zukunft bis etwa 2025 wird es in Ballungsräumen weiter eine dominante Nutzung von Festnetzanschlüssen und eine breitbandige Versorgung für Mobilfunk mit LTeE und lokalen Wi-Fi geben.
In dem ausführlichen Beitrag „Warum 5G nicht das bessere Wi-Fi ist“ ( Elektra Wagenrad | 4.12.2019 |Golem ) wird die skeptische Sicht auf den neue Mobilfunkstandard 5G zusammengefaßt.
Die Einführung von 5G wird demnach nicht die große Zeitenwende in der digitalen Versorgung einleiten. Nicht ausgeschlossen ist, dass in Deutschland die Weichen völlig falsch gestellt wurden. Elektra Wagenrad dazu:
„Für die insgesamt 6,55 Milliarden Euro, die bei der letzten 3,5-GHz-Frequenz-Auktion der Bundesnetzagentur ausgehandelt wurden, könnten Endverbraucher 16,4 Millionen voll ausgestattete 6G-WLAN-Access Points kaufen, ohne einen Mengenrabatt zu verhandeln.“
Freifunk und Community-Netzwerk-Initiativen (WLAN & Funkmesh) könnten sich künftig als bessere Wege in eine digitale Zukunft erweisen.